Die Odyssee – Premiere am 19.09.2014 im Grillo-Theater Essen
20. September 2014 | Veröffentlicht von peve unter Allgemein |
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Essen. Die Odyssee oder „Lustig ist das Zigeunerleben“ war oder besser ist die Geschichte von Sinti und Roma, eingebettet in die klassische Vorlage von Homers „Die Abenteuer des Odysseus“. Aufgezeigt werden soll, wie sich Mythen und Vorurteile in den Köpfen der Menschen, hier in Person des Odysseus bilden und vermeintlich falsche irrationale Reaktionen hervorrufen.
Die vor über 700 Jahren geschriebene Geschichte erzählt von einer imaginären Reise durch Phantasie, Zeit und Raum und damit die Urgeschichte der Zivilisation Europas. Eine Zivilisation, in die die Sinti und Roma bis zum heutigen Tage, nach ihren eigenen Aussagen, nicht eingebunden sind. Immer wieder stehen sie auf der Bühne auf, beschreiben Ihre Situation und klagen an. Gezeigt wird ein ausschließlich in schwarz und weiß gehaltenes Szenario, das nur in den Phantasien des Odysseus Farbe erhält. Aber ist wirklich alles schwarz und weiß oder besteht in diesem reinen schwarz-weißen Denken nicht die Grundproblematik. Wie von einigen Mitgliedern des Ensembles aufgezeigt, sind nicht alle Sinti und Roma nette Menschen aber auch nicht alle deutschen sind böse oder auch nicht alle waren zur Zeit des Nationalsozialismus böse, mordende Bestien. Das Leben ist nicht nur schwarz oder weiß.Es gibt, es gab und wird auch immer Menschen geben, die mit ihrem Umfeld nicht in Frieden leben können und dies sowohl auf Seiten unserer Landsleute, wie auf Seiten von Sinti und Roma und ich schäme mich für die einen, wie für die anderen.
Wenn hier zum Nachdenken angeregt werden soll, dann sollte man sich fragen, ob diese Aufführung wirkliche Veränderungen bringen kann. Wenn ich an meine eigene Vergangenheit zurückdenke, so habe ich niemals Probleme mit Menschen aus anderen Kulturen oder mit anderen ethnischen Wurzeln gehabt. Ich habe niemals „Zigeuner“ als Schimpfwort empfunden und zu keinem Zeitpunkt Menschen aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert oder ausgegrenzt. Ich glaube jedoch, dass es für viele Bürger unseres Landes schwierig und manchmal unerträglich ist, ständig angeklagt und ständig unter Generalverdacht gestellt zu werden. Ich kenne ganz viele nette Menschen, Menschen, die anderen helfen, Menschen, die aufeinander zugehen und miteinander reden und Menschen die Kompromisse machen, Kompromisse auf beiden Seiten, Kompromisse, die gemeinsam gefunden werden müssen und gemeinsame Regeln, die hieraus resultieren und mit denen man dann gemeinsam und zusammen leben kann. Denn ohne Regeln funktioniert keine Gesellschaft und kein Sozialsystem. Vielleicht wäre es gut und hilfreich gewesen auch von denen zu berichten, die bereits ihren Platz in der Gesellschaft gefunden haben, vielleicht wäre es hilfreich gewesen von diesen Menschen zu erfahren, wie sie dies erreicht haben und vielleicht hätte man auch jene unserer Mitbürger zu Wort kommen lassen sollen, die gar keine Probleme mit Sinti und Roma haben.
Wenn diese Odyssee erreicht hat, dass man ins Gespräch kommt, dass man miteinander, statt übereinander redet, dann war es ein großer Erfolg. Die schauspielerischen Leistungen waren wirklich gut und ich denke jeder sollte sich diese „Odyssee“ ansehen, um sich der Thematik zu nähern und um sich sein eigenes Urteil zu bilden. Der Schlussapplaus war enorm und lange anhaltend, einige Besucher hatten die Premiere jedoch auch bereits nach der Pause verlassen. peve
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