„MANDERLAY“ Der gescheiterte Versuch eine Kultur per Dekret zu verändern. Premiere im Grillo-Theater am 27.04.2014.
28. April 2014 | Veröffentlicht von peve unter Allgemein |
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Theater ist immer auch ein Spiegel der Gegenwart und genauso Inszenierte Hermann Schmidt-Rahmer die seltsam verstörende Geschichte der Manderlay Plantage. Am Sonntag sahen wir seine Premiere im Essener Grillo Theater.
Minimalistisch war bereits das Bühnenbild und auch viele Ansätze des Brecht’schen Verfremdungstheater machten die Aufführung zu einem Erlebnis der anderen Art. Unfassbar, dass sich Menschen gegen Hilfe währen, ja diese Hilfe scheinbar gar nicht wollen. So startet Grace mit großem Idealismus ihre Mission der Sklavenbefreiung auf Manderlay, denn die Sklaverei ist in Amerika ja bereits seit langem abgeschafft, aber sie scheitert auf ganzer Linie.
„Kulturen lassen sich eben nicht einfach mal per Dekret ummodeln, sie sind etwas Resistentes, Gewachsenes, was sich entzieht und eine Eigendynamik entwickelt und sich nicht dem Vermeintlichen Ideal anpassen lässt“ so Schmidt-Rahmker in einem Gespräch über seine Inszenierung. Viele Afrikanische Intellektuelle hielten ja die Entwicklungshilfe in der derzeitigen Form für gescheitert, weil sie die Menschen in der Rolle der Entmündigung belässt. Eine passende Antwort auf die Frage, wie es anders oder besser gehen soll hat Schmidt-Rahmer auch nicht. In dem letztlichen Statement der Aktuellen Aufführung werden dann einige Fragen gestellt, die jeden zum Nachdenken bringt. Sind wirklich alle Menschen gleich? Ist unsere westliche Demokratie wirklich immer und für alle das Richtige und die Frage was ist ihnen lieber 3 Kandidaten oder täglich drei warme Malzeiten.
So meinte der Autor von „Manderlay“ Lars von Trier „ Ich glaube wirklich, dass unsere political correctness gefährlich ist. Wir müssen die Dinge aussprechen, die wir nicht aussprechen dürfen.“
Hierzu sagte Schmidt-Rahmer, dass in der Kunst alle Erwägungen der political correctness ihre absolute Grenze finden, denn Kunst ist per definitionem inkorrekt.“ Auch er hält es, wie Lars von Trier für gesellschaftlich fatal, wenn eine Gesellschaft daran gehindert wird, ihre finsteren Gedanken auszusprechen. Wir müssen die Dinge aussprechen können, erst dann können wir sie wirksam bekämpfen, “ so Schmidt-Rahmer in einem Gespräch mit Carola Hannsusch.
„Manderlay“ ist nicht Unterhaltung pur, Manderlay regt an über Dinge nachzudenken, die für viele oder vielleicht sogar für die meisten völlig selbstverständlich sind. Woher nehmen wir die Legitimation unser Systeme als das für alle richtige zu idealisieren und zu versuchen anderen Kulturen unsere Wertmaßstäbe aufzudrücken auch wenn diese unsere Werte entschieden ablehnen.
Eine gelungene Aufführung, über die es sich lohnt ein wenig intensiver nachzudenken. peve
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